(von unserem Mitglied Alfred Haupt)
Die Jahresfahrt der Heimatfreunde Weiler führte uns dieses Jahr an die hessisch-thüringische Landesgrenze zum Point Alpha, einer Gedenkstätte, die an den Mauerfall 1989 erinnert. Sie liegt zwischen dem im Westen gelegenen Ort Rasdorf und dem ehemaligen DDR-Ort Geisa. Zwischendurch verlief die Zonengrenze als innerdeutsche Grenze, die ein Teil des sogenannten eisernen Vorhanges war, mit dem sich die Warschauer-Pakt-Staaten 1955 von den NATO-Staaten abschirmten. Das Ziel wurde von Helmut Weiss mit Bedacht gewählt, denn vor 30 Jahren, genau am 9.11.1989, fiel in Berlin die Mauer und knapp ein Jahr später, am 3.10.1990, war Deutschland wieder vereint. Man feiert dieses Jahr also den 30. Jahrestag des Mauerfalls.
Die Wiedervereinigung, die für Deutschland ein Glücksfall war, wurde von Großbritannien, Frankreich und einigen anderen Nachbarländern teilweise sehr skeptisch gesehen. Vor allem die Briten befürchteten, dass das vereinte Deutschland wieder zu mächtig werden könnte (German Problem).
Die angenehme Hinfahrt wurde nur unterbrochen durch die Frühstückspause auf einem Rastplatz bei Steinau. Sie führte über die A66, durch das Tal der Kinzig, vorbei an Vogelsberg, Spessart bis hin zum Ziel, das im thüringischen Teil der Rhön liegt.
An der Gedenkstätte angekommen, wurden für die Führung zwei Gruppen gebildet. Wir schlossen uns der Gruppe von Frau Maren Herbert an, die uns in beeindruckender Weise nicht nur die Anlage zeigte, sondern auch sehr kompetent die jüngere Deutsche Geschichte erläuterte. Man fühlte sich teilweise wieder in den Geschichtsunterricht der Schulzeit zurückversetzt.
Im Haus auf der Grenze, in dem eine Dauerausstellung untergebracht ist, wird man auf eine Zeitreise durch diese spannungsgeladene Zeit des kalten Krieges geführt. Hier standen sich damals die beiden Militärblöcke Warschauer Pakt und Nato direkt gegenüber und nur wenigen ist bekannt, dass die Welt wieder kurz vor einem Krieg stand. Auf dem Bild erläutert Frau Herbert gerade an einem Modell, wie man sich in NATO-Kreisen eine mögliche militärische Entwicklung vorstellte.
Man rechnete damit, dass die Armeen des Warschauer Pakts im Westen Thüringens, dem sogenannten Thüringer Balkon, aufmarschieren, die Grenze in Richtung Fulda durchbrechen und in kurzer Zeit bis zum Rhein-Main-Gebiet vorstoßen könnten. Unser Land wäre damit in zwei Hälften geteilt und die Rhein-Main Air Base, der wichtigste NATO-Luftwaffenstützpunkt in Europa, wäre ausgeschaltet worden. Die Amerikaner bezeichneten diese Schwachstelle als Fulda Gap und ergriffen geeignete Gegenmaßnahmen. Das ging sogar soweit, dass man einige hundert Atomminen in Betonschächten installieren wollte, die im Ernstfall gezündet worden wären und weite Teile unbewohnbar gemacht hätten, eine Horrorvorstellung!
Das linke Bild zeigt einige Teilnehmer der Gruppe vor dem Haus auf der Grenze, durch das der alte Kolonnenweg noch hindurchgeht, auf dem die DDR-Grenzschutzsoldaten schnell jeden Punkt der Grenze erreichen konnten.
Im rechten Foto sieht man ein Stück Metallgitterzaun, einen KFZ Sperrgraben und einen der 1.000 Wachhunde, denen man nur wenig zu fressen gab, um sie besonders scharf zu machen. Hinter dem Zaun, auf dem Gebiet der ehemaligen BRD, ein Beobachtungsturm der Amerikaner als Teil des dort gelegenen US-Camps Point Alpha.
Wenn man bedenkt, dass die 1.400 Km lange innerdeutsche Grenze mit 30.000 Mann bewacht wurde, kommt man auf 21 Mann pro Km, die auf 1.000 Wachtürmen entlang der Grenze verteilt waren. Ein Überwinden war fast unmöglich. Und dennoch haben es einige geschafft. Der größte Teil der Menschen die es versuchten, haben jedoch mit ihrem Leben bezahlt. Insgesamt sollen es etwa 800 gewesen sein. Offiziell wurde diese Grenze als antifaschistischer Schutzwall bezeichnet, der verhindern sollte, dass Westdeutsche in die DDR eindringen können. In Wirklichkeit wusste jeder, dass der eigentliche Zweck der Grenzanlagen aber darin bestand, eine Massenflucht der DDR-Bürger in die BRD zu verhindern.
Die Besichtigung des Point Alphas wirkte bei den meisten noch lange nach und machte einen nachdenklich. Auf der Weiterfahrt von Geisa Richtung Tann fährt man noch ein kurzes Stück durch die schöne thüringische Landschaft, dem sogenannten Thüringer Balkon, bevor man wieder nach Hessen kommt. Die Berge dieser Gegend haben oft eine kegelförmige Form, die einen unwillkürlich an Vulkane denken lässt. Sie sind tatsächlich vulkanischen Ursprungs und viel älter als die erloschenen Vulkane der Eifel. Schon nach kurzer Fahrzeit war die Wasserkuppe, das nächste Ziel der Reise erreicht. Die Wasserkuppe ist mit 950 m der höchste Berg der Rhön und übertrifft damit den ca. 880 m hohen Feldberg im Südwesten von Hessen. Schon der Name lässt darauf schließen, dass es sich um einen Berg handelt, der in einer wasserreichen Gegend liegt.
Bedingt durch häufige, überdurchschnittliche Niederschläge und günstige Bodenverhältnisse, entspringen in diesem Gebiet 30 Bäche, von denen die Fulda der größte ist. Sie ist auch der bekannteste Fluss, der sich hier beginnend, seinen Weg zur gleichnamigen Stadt Fulda bahnt, um dann weiter durchs Fuldatal bis zu der malerischen Drei-Flüsse-Stadt Hannoversch Münden zu fließen. Ab dort bilden beide Flüsse Fulda und Werra zusammen die Weser.
Der überwiegende Teil der Gruppe machte hier eine Pause und sah sich den regen Segelflugbetrieb auf dem Berg der Segelflieger an und genoss die schöne Aussicht. Nur einige wenige machten sich auf den Weg zur Fuldaquelle, die nur knapp einen Kilometer vom Busparkplatz entfernt war.
Die schön eingefasste Quelle ist nicht die wahre Fuldaquelle. Diese liegt etwas höher, unterhalb des Gipfels. Als man vor über 80 Jahren mit dessen Bebauung begann, fasste man sie ein und nutzte sie zur Trinkwasserversorgung. Den Überlauf leitete man mit einer Rohrleitung an die Stelle, die jetzt als Fuldaquelle ausgegeben wird. Auf der Tafel über der Quelle steht folgendes Gedicht:
Hier halte Rast! Dich labt die Quelle
der Fulda, die mit klarer Welle
den Berggruß rauschend trägt einher,
sie wächst zur Werra hingezogen,
zum Deutschen Strom und senkt die Wogen
als Weser schiffbelebt ins Meer.
Das Wasser scheint tatsächlich trinkbar zu sein, denn einige füllten sich ihre Flaschen damit und tranken das kühle Nass.
Die Radarkuppel (Radom) ist eine weithin sichtbare Landmarke und untrennbar mit der Wasserkuppe und der Rhön verbunden. Sie ist ein Relikt des kalten Krieges und diente der Bundes-Luftwaffe zur Überwachung des damaligen DDR-Gebietes.
Gerne hätte man sich hier noch eine Weile aufgehalten, um sich noch das Segelflugmuseum oder anderes anzuschauen, doch die Zeit drängte.
Da das Wetter jetzt richtig gut wurde, war die Weiterfahrt durch das abwechslungsreiche osthessische Bergland eine wahre Freude. Vorbei an Schlüchtern, Steinau an der Straße, Bad Soden-Salmünster und Wächtersbach erreichte man schließlich Gelnhausen, die letzte Etappe der Reise.
In der alten Barbarossastadt Gelnhausen wurde im Gasthaus zum Löwen, einem der ältesten Wirtshäuser Deutschlands, eingekehrt und bei gutem Essen und Trinken fand der interessante Tag einen schönen Abschluss.
Nach dem obligatorischen Abschlussfoto (zum Vergrößern bitte anklicken) begann die Heimreise. Zum Schluss möchte ich mich noch bei unserem Fahrer Rainer Scholl bedanken, der uns auch wieder sicher nach Weiler brachte und bei allen, die diese schöne Fahrt geplant, organisiert und betreut haben.
Alle Fotos: Alfred Haupt