Den folgende Reisebericht hat unser Vereinsmitglied Alfred Haupt geschrieben und für unsere Webseite zur Verfügung gestellt:

Im Oktober 2017 jährt sich zum 500. Mal Luthers Thesenanschlag an der Schlosskirche zu Wittenberg. Aus diesem aktuellen Anlass führte die diesjährige Fahrt der HFW nach Eisenach in Thüringen um dort in dieser geschichtsträchtigen Stadt, die eine wichtige Rolle in Luthers Leben spielte, auf der Wartburg ein wenig auf den Spuren des Reformators zu wandeln. Wir starteten pünktlich um 7 Uhr vom Dorfplatz in Weiler und fuhren in einem bequemen Reisebus der Fa. Vogt’s Reisen unter der Leitung von Fred Sittek, der in Vertretung von Helmut Weiss die Reise in seiner bekannten lockeren Art hervorragend begleitete und organisierte. Auch für das leibliche Wohl war bestens gesorgt und nach einigen Stunden Fahrt bekamen wir an einer Raststätte mit belegten Brötchen und reichlich Kaffee ein gutes Frühstück serviert. Wieder im Bus, sorgten die beiden Hostessen Inge Sittek und Steffi Bäcker mit kleinen alkoholischen Getränken für weitere Annehmlichkeiten und schon bald waren alle in guter Stimmung.

Unser Fahrer, der sich mit Marco vorstellte, brachte uns sicher und souverän nach 4 Stunden zu unserem ersten Ziel, der Wartburg, der wohl bekanntesten Burg in Thüringen. Hoch über der Stadt Eisenach, auf einem schmalen Fels Grat erbaut, ist sie schon von weitem zu sehen. Angepasst an den schmalen, felsigen Untergrund wirkt die Burg etwas in die Länge gezogen und fällt dem aufmerksamen Betrachter auch durch die unterschiedlichen Baustile auf, die auf eine lange Bauzeit schließen lassen.

Von den ursprünglich vier Abschnitten sind heute nur noch zwei vorhanden, die sogen. Vor- und Hauptburg. Gegründet wurde sie um 1067 von Ludwig dem Springer. Im Laufe der Jahrhunderte wurden einzelne Teile abgerissen und auf den alten Fundamenten wieder neu errichtet. So wurde z.B. der Bergfried erst 1853 bis 1859 auf den alten Fundamenten des Vorgängers errichtet. Erst im 19. Jahrhundert wurde die Wartburg so ausgebaut, wie wir sie heute noch sehen können. 1999 wurde sie schließlich von der UNESCO zum „Welterbe der Menschheit" erklärt.

In der Burg hatten wir eine Führung von einem smarten jungen Mann, der uns voller Begeisterung, in sachkundiger Weise durch die Räume führte und uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zeigte und erklärte. Den größten Eindruck hat bei mir die spartanisch eingerichtete Lutherstube hinterlassen. Sie ist nur mit dem Notwendigsten ausgestattet und an Einfachheit nicht mehr zu überbieten. Außer dem mächtigen Eichentisch, einem unbequemen Stuhl und einem Hocker, der aus einem Rückenwirbel eines Wales besteht, sind keine weiteren Einrichtungsgegenstände vorhanden.

Über dem Tisch hängt an der, mit groben Brettern vertäfelten Wand, ein Bild von Luther, das wahrscheinlich von Lucas Cranach d. Älteren stammt, mit dem Luther befreundet war und der ihn öfters porträtierte. In einer Ecke steht ein kleiner Kachelofen mit grünen Napfkacheln, wie er damals häufig zu finden war. Er ist der einzige Gegenstand, der in diesem kalt wirkenden Raum auch optisch etwas Wärme ausstrahlt. Ein großer Geist kann auch ohne viele Hilfsmittel Großes schaffen!

Um Luther, der von der katholischen Kirche als Ketzer bezeichnet wurde zu schützen, ließ ihn der Kurfürst Friederich der Weise in einer Nacht und Nebelaktion entführen und versteckte ihn fast ein Jahr lang auf der Wartburg. Hier lebte er anonym als Junker Jörg, ließ sich Bart und Haupthaar wieder wachsen und war dadurch den ständigen Angriffen auf seine Person zunächst entzogen. Trotz angeschlagener Gesundheit übersetzte er in erstaunlich kurzer Zeit das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche. Es ist bekannt, dass Martin Luther dabei manchmal schier verzweifelte und oft lange nach passenden Wörtern und Begriffen suchte. Dabei hat er nebenbei eine allgemein verständliche Schriftsprache gefunden, die es bisher noch nicht gab.

Später wurden auch Teile des Alten Testamentes übersetzt und 1534 erschien die erste Bibel in deutscher Sprache, die rasch eine große Verbreitung fand.

Im krassen Gegensatz dazu stehen die anderen Räume, die teilweise sehr prunkvoll ausgestattet sind wie der romanische Palas, mit seinen vielen Säulen und reich verzierten Kapitellen. Beeindruckend sind nicht nur die Größe des Raumes und die kunstvoll vertäfelte Holzdecke, sondern auch die gesamte harmonisch gestaltete Inneneinrichtung.

In diesem festlich wirkenden Raum werden im Sommerhalbjahr auch Konzerte aufgeführt. Als wir den Raum betraten, wurden wir schon mit Musik von Johann Sebastian Bach, dem berühmtesten Sohn Eisenachs, empfangen und bekamen einen kleinen Vorgeschmack von der guten Akustik des Raumes.

Bach wurde von Luther stark beeinflusst und man weiß, dass Bach viele, von Luther stammenden Texte intonierte. Durch die daraus entstandenen Kirchenlieder hat auch Bach viel zur Verbreitung des protestantischen Glaubens beigetragen.

In der Mitte des Raumes erinnert eine große Fahne in den deutschen Nationalfarben an ein weiteres, geschichtlich bedeutsames Ereignis: Am 18.10.1817 versammelten sich auf der Wartburg, wahrscheinlich in diesem Raum, etwa 500 Studenten deutscher Universitäten, die Einigkeit und Freiheit in einem einzigen Vaterland fordern. Seit dieser Zeit gibt es die Wartburgfeste der deutschen Burschenschaften. Damals wurde sogar schon der Gedanke von einem vereinten Europa geboren, von dem wir 200 Jahre später immer noch träumen und das wohl noch in weiter Ferne liegt.

Neben dem nüchtern und kalt wirkenden Rittersaal führte man uns als nächstes in die Elisabeth-Kemenate, einem der Wohnräume der Landgräfin Elisabeth von Thüringen, die von 1211 bis 1228 am Hofe des Thüringer Landgrafen lebte, schon mit 24 Jahren starb und 4 Jahre später heiliggesprochen wurde. Die Wände und Gewölbedecken sind zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit farbenprächtigen Glasmosaiken versehen worden, die Szenen aus dem Leben der ehrenwerten Frau schildern. Wie mögen sie wohl damals ausgesehen haben?

Fred Sittek, der Mann im grünen Polo Hemd, hat sie aufmerksam betrachtet und vielleicht einige Anregungen für die Heimatfreunde mit nach Weiler genommen.

Da die Wartburg schon immer mehr kulturellen Zwecken diente und wehrtechnisch weniger Bedeutung hatte, war auch der Sängersaal einer der wichtigsten Säle der Burg. In ihm trugen die Dichter und Sänger auf der etwas erhöhten Bühne ihre Lieder und Gesänge vor. Auf der Wartburg wurden alle schönen Künste gepflegt, sie entwickelte sich unter Hermann I. regelrecht zu einem „Musenhof". In diesem Saal wurde auch der sogenannte Sängerkrieg zum ersten Mal aufgeführt. Eine Art Musikfestival des Mittelalters, bei dem sich alle bedeutenden Minnesänger zum Wettbewerb trafen.

Richard Wagner griff das Thema später auf und verarbeitete es in seinen Opern „Tannhäuser" und „die Meistersinger von Nürnberg". An einer Seitenwand des Saales ist ein riesiges Fresko von Moritz von Schwind zu sehen das den ersten Sängerkrieg zeigt und aus dem Jahre 1855 stammt.

Nach dieser, wegen der vielen Informationen, doch etwas anstrengenden Führung waren wir froh, wieder eine kleine Pause einlegen zu können. Doch kaum waren wir wieder im Freien, tauchte plötzlich, noch in der Burg, Dieter Weiß, unser erster Vorsitzender, mit seiner Frau auf, die beide in Eisenach Urlaub machten und uns überraschen wollten, was ihnen auch gut gelungen ist.

Die Pause währte aber nicht lange, denn ein Teil der Gruppe wählte den Fußweg zurück zum Bus, der schon auf uns wartete um uns in die Innenstadt von Eisenach zu fahren.

Es folgte eine Stadtführung mit einer netten Führerin, die ihre Aufgabe mit einer bewundernswerten Begeisterung meisterte. Sie hatte unglaublich viele Reime parat und verstand es gut, die Menschen zu interessieren. Als wir durch eine asphaltierte Straße gingen, erfuhren wir, dass das vorherige, schöne Kopfsteinpflaster noch zu DDR-Zeiten nach Marburg verkauft wurde. Dazu hatte sie den Reim: Ach wär ich doch ein Pflasterstein, dann könnt ich jetzt im Westen sein.

Irmtraud fragte sie, wie lange sie diese Führungen schon mache und bekam zur Antwort: „Seit meinem 14. Lebensjahr".

Mittlerweile hatte sich das Wetter geändert und es begann zeitweise zu regnen was uns aber nicht daran hinderte weiter zu machen.

Eisenach ist neben Eisleben, Mansfeld und Wittenberg als Lutherstadt bekannt und hat viele Sehenswürdigkeiten zu bieten von denen wir in der kurzen Zeit nur einige wenige sehen konnten. Am Marktplatz erhebt sich in der Mitte der Marktbrunnen mit der vergoldeten Figur des Drachentöters St. Georg, der auch Schutzpatron der Stadt Eisenach ist.

Ihm zu Ehren wurde die Stadtkirche St. Georgen gebaut, in der auch Luther predigte und viele Jahre später Johann Sebastian Bach getauft wurde.

Nicht weit davon entfernt befindet sich das 500 Jahre alte Rathaus mit dem markanten Turm. An dessen unteren Ende ist noch die Eisenacher Elle zu sehen, die ein Maß war, nach dem sich Tuchhändler und Käufer zu richten hatten. Gleich daneben ist noch ein Eisenring des Prangers in der Wand zu sehen an der man Missetäter festband und öffentlich zur Schau stellte.

Gegenüber steht das stattliche Stadtschloss in dem heute das Thüringer Museum untergebracht ist. Es war die Residenz der Herzöge von Sachsen-Eisenach.

Aufgrund von ständigem Geldmangel zog sich der Bau über viele Jahre hin und beeinflusste auch den gesamten Baustil. So sind die Portale im Erdgeschoß noch reich verziert und im Rokoko Stil gebaut, die oberen Stockwerke dagegen sind sehr nüchtern ausgeführt und könnten eigentlich auch zu einer Kaserne ge-hören.

Auf dem Karlsplatz reckt sich das Lutherdenkmal in die Höhe. Es ist ein überlebensgroßes Standbild aus Bronze, das den Reformator in stolzer aufrechter Haltung, mit der Bibel in der Hand, zeigt. Er steht auf einem Sockel mit vier bronzenen Reliefs auf denen Szenen aus seinem Leben dargestellt sind.

Einige Straßen weiter standen wir vor dem Lutherhaus. Es ist eines der ältesten und schönsten Fachwerkhäuser Thüringens und damit eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten von Eisenach. Luther soll hier als Schüler 3 Jahre in den Lutherstuben gewohnt haben. In Vorbereitung auf das Jubiläumsjahr 2017 wurde das Haus von 2013 bis 2015 vollständig saniert und erstrahlt heute in neuem Glanze, was wegen des trüben Wetters leider nicht so zur Geltung kam. Im Inneren des Hauses sind heute Dauerausstellungen von Luther, Cranach sowie Sonderausstellungen zu sehen. Zweimal im Jahr, wenn die traditionellen Museumsfeste stattfinden, öffnet es seine Pforten für die Öffentlichkeit. Auch das ist ganz im Sinne Luthers, der ebenfalls gerne feierte. Von ihm stammt auch die Aussage: „Man kann Gott nicht nur mit Beten und Studieren dienen, sondern auch mit Feiern und fröhlich sein."

Vor dem Bachhaus am Frauenplan steht heute das Bachdenkmal. Es ist dem Komponisten Johann Sebastian Bach gewidmet und stand früher auf dem Marktplatz. 1884 wurde es feierlich mit einer Messe vor der Georgenkirche eingeweiht. Da die Nazis den Marktplatz aber für Aufmärsche und Paraden frei haben wollten, versetzte man es einfach zum Frauenplan, wo es heute noch steht.

Johann Sebastian Bach hat aber, wie man heute weiß, 1685 nicht in diesem Haus das Licht der Welt erblickt, sondern in der damaligen Fleischgasse, die jetzt Lutherstraße heißt. Das Geburtshaus existiert heute nicht mehr.

Interessant war auch das „Schmale Haus von Eisenach" das auch als Handtuch bezeichnet wird. Es steht am Johannisplatz 9 und soll das zweitkleinste bewohnte Haus Deutschlands sein. Es hat eine Breite von nur 2,05 m und eine Grundfläche von ca. 20 m².

Das genaue Baujahr ist unbekannt, man schätzt das Alter auf etwa 250 Jahre. Es sollte mehrfach abgerissen werden, aber der Besitzer konnte sich immer wieder durchsetzen und den Abriss verhindern. Heute ist es eine Sehenswürdigkeit, die man nicht oft zu Gesicht bekommt.

Pünktlich um 15 Uhr war die Führung zu Ende und die Gruppe löste sich auf um die verbleibende Zeit bis zur Abfahrt des Busses noch anderweitig zu nutzen. Irmtraud, Bernhard und mich zog es zu einer Eisdiele wo wir uns eine süße Belohnung holten. In einer Hand den Regenschirm, in der anderen die Eistüte und unterm Arm den Stadtplan eingeklemmt, schlenderten wir müde, aber hoch zufrieden zurück zum Bus.

Die Rückfahrt führte über Marksuhl, Vacha, Hünfeld zunächst nach Fulda. Dort hatten wir in dem „Brauhaus Wiesenmühle" unser Abschlussessen. Das rustikale Brauhaus war früher eine Mühle und stammt aus dem Jahr 1337. Es liegt direkt an einem Seitenarm der Fulda, in der Nähe der Fuldaer Altstadt. Mit einem guten Essen und dem guten Wiesenmühlenbier fand das Ganze in geselliger Runde einen schönen Abschluss.

Zum Schluss möchte ich mich noch bei unserem Fahrer Marco bedanken, der uns auch wieder sicher nach Weiler brachte und bei allen, die die Fahrt geplant, organisiert und betreut haben.